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Referat für Working Class Students

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Über uns

Wir sind als Referat eine Anlaufstelle für Arbeiter:innenkinder oder First Generation Students. Die Universität ist ein kompliziertes Gebilde und abseits von Prüfungen und Bürokratie gibt es auch noch Fragen der Finanzierung die zu klären sind. Das Referat für Working Class Students versucht hier eine Hilfestellung anzubieten um damit den Studienbeginn, den Abschluss und natürlich alles dazwischen zu erleichtern.

Wie wollen wir das tun? Zusätzlich zu dem Beratungsangebot auf der ÖH, organisieren wir Infoveranstaltungen, die dieses Angebot ergänzen. Wir wollen auch ein Netzwerk bilden um Strukturen zu schaffen in denen sich sogenannte First Generation Students gegenseitig unterstützen können.Dazu organisieren wir Arbeiter:innenkinderstammtische, bei denen Vernetzung und Austauschmöglichkeiten geboten werden.

Weiters setzen wir uns mit Arbeiter:innengeschichte und ihrer Bewegung auseinander, die viel zur Bildungsexpansion unserer und vergangener Tage geleistet hat.

Als Teil der Studierendenvertretung versuchen wir ein Problembewusstsein in der öffentlichen Wahrnehmung zu schaffen. Wir nutzen unsere Mittel und unseren Zugang zu den universitären Gremien um für die Interessen von First Generation Students zu lobbyieren und Änderungen durchzusetzen. 

 

Projekte und Veranstaltungen

 

Kapitalismus, Arbeit und Antisemitismus

Datum: 14.05.2024 von 19:00 bis 21:00 Uhr
Ort: Hörsaal 30, Hauptuni, Universitätsring 1 1010 Wien

 

Lebenslänglich arbeiten müssen um Geld zu verdienen damit wir leben können ist das höchste Gesetz der bürgerlichen Gesellschaft. Arbeit sei so etwas wie Natur, lautet der allgemeine Konsens. Wer etwas gegen sie hat, gilt als verrückt oder faul, meistens als beides.

Nicht immer wurde die Arbeit so überhöht wie heute. In der Antike hatte sie sogar einen ausgesprochen schlechten Ruf. Mit Beginn der Neuzeit jedoch erfuhr sie religiöse Weihen. Das protestantische Arbeitsethos stand an der Wiege des Kapitalismus. Das Bürgertum, die Arbeiterbewegung und der Nationalsozialismus haben die Arbeit förmlich verherrlicht.

Doch auch wenn es dem herrschenden Bewusstsein noch so uneinsichtig ist: Arbeit und nützliches/ sinnvolles/lustvolles Tätigsein sind zwei Paar Stiefel. Auch ist Arbeit kein „antagonistischer“ Gegensatz zum Kapital. Sie ist vielmehr herrschendes Formprinzip der warenproduzierenden Gesellschaft, deren Ausgangs- und Zielpunkt nicht etwa der stoffliche Reichtum ist, von dem alleine wir leben, sondern der abstrakte (Geld-)reichtum einer Megamaschine aus ewigem Wachstum und Maximalprofit.

Die Insassen dieser Gesellschaft müssen darauf hoffen, dass der Markt ihrer Arbeit Wert bescheinigt. Obwohl sie lebenslang die Angst begleitet, „wertlos“ zu werden und ins Bodenlose zu stürzen, erscheinen ihnen diese Verhältnisse als natürlich und alternativlos. Läuft nach ihrem Empfinden etwas schief in der Gesellschaft, machen sie vornehmlich „eine falsche Politik“ dafür verantwortlich, ohne die basalen Zwänge der Ökonomie auch nur eines Blickes zu würdigen. Häufen sich gar Krisen, Elend, Not und Kriege, so hat das für sie erst recht nichts mit der Herrschaft von Arbeit, Ware, Wert, Markt und Kapital zu tun, sondern ist vermeintlich äußeren Faktoren geschuldet. Ihr Tunnelblick kann dann schnell zu Verschwörungsweltbildern mutieren. Sie phantasieren dunkle Mächte, getrieben von verwerflichen Interessen und böser Absicht, die ihnen an den Kragen wollen. Ihre Identifikation mit der „ehrlichen Arbeit“, die von der „Raffgier“ bedroht wird, entlädt sich schlimmstenfalls im antisemitischen Vernichtungswahn. Nicht ohne Grund stand der perverse Satz „Arbeit macht frei“ über dem Tor von Auschwitz.

Die Nationalsozialisten setzten „die Gierigen“ mit „den Juden“ gleich. Doch auch wer das nicht tut, kann sich in einer gefährlichen Nähe zum Antisemitismus befinden, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Eine reflektierte Kapitalismuskritik, die sich wesentlich vom herrschenden Bauch-Antikapitalismus unterscheidet, der Gesellschaftskritik mit Wut auf „gierige Milliardäre“, „Strippenzieher“ und „Lügenpresse“ verwechselt, ist heute nötiger denn je. Zumal sie mit der Kritik der Arbeit beginnt und deswegen einen völlig anderen Blick auf die Dinge werfen kann: Der eigentliche Skandal ist nämlich nicht, dass die gewaltige Steigerung der Produktivität, die wir erleben, nicht jedem einen Arbeitsplatz verschafft, sondern dass wir trotzdem immer mehr und immer länger arbeiten sollen. Schon längst wäre ein besseres Leben für alle mit viel mehr Raum zur persönlichen Entfaltung möglich. Ohne Kapitalismus.

Lothar Galow-Bergemann war Personalrat in zwei Großkliniken. Heute schreibt er u.a. in Jungle World und bei Emanzipation und Frieden